Annette Sauermann

Annette Sauermann (* 1957 in Essen) arbeitet seit Beginn ihres Kunstschaffens stets mit einem allgegenwärtigen, immer sicht- und gleichzeitig unsichtbaren Element: dem Licht.

In einer ersten Gruppe von Werken ab 1989 erschafft sie die so bezeichneten Lichtfallen: Verschiedenste Maueröffnungen, durch welche Tageslicht in Räume eindringt, werden durch stabilisierte Bahnen oder Körper aus weißem Transparentpapier erweitert, das einfallende Licht somit gelenkt und eingefangen. Spätere Arbeiten lösen sich dann vom örtlichen Kontext, aber die Idee der Visualisierung des Lichts ist bis heute lebendig.

Grundsätzlich arbeitet die Künstlerin, die bereits zahlreiche monumentale Projekte im Rahmen von Kunst am Bau realisiert hat, immer mit streng geometrischen Formen sowie industriell gefertigten Alltagsmaterialien, beispielsweise Beton und Plexiglas, oder mit Lichtfiltern aus der Film- und Fotobranche. Materialität und Immaterialität verschränken sich. Trotz der Verwendung wiederkehrender Elemente sind die Akzente und Gewichtungen in Sauermanns Schaffen immer wieder anders gesetzt. Hauchdünne Filterbahnen sind in der einen Arbeit alles bedeckende Membranen, was den Raumeffekt definiert; in der nächsten legen sich lediglich dünne Streifen waagerecht oder senkrecht über die dominierenden Materialien in einem Versuch, das Werk trotz ihrer Zartheit zu umspannen und somit zusammenzuhalten.

Der Beton dient einmal in Weiß als Stütze, übernimmt eine untergeordnete Rolle und verschmilzt fast als Bindeglied zwischen Lichtfilter und Wand. Ein anderes Mal, in Grau, umfasst er die Wandarbeit in Manier eines Rahmens oder wird zum hervortretenden zentralen Element, die Unregelmäßigkeiten seiner Oberfläche offenbarend. Das halb transparente Plexiglas übernimmt den Part des farbigen Blick- und Lichtfängers, indem es an den frei liegenden Kanten noch minimalste Einstrahlungen bündelt und leuchtend sichtbar werden lässt.

Auch Brüche und Unregelmäßigkeiten gehören zu Sauermanns Arbeiten: Unterschiedliche Texturen bei den Betonelementen oder sich leicht wölbende Papierstreifen sind als kleine „Störungen“ der perfekten Form durchaus willkommen. Es geht um die visuelle Erfahrung der Betrachter:innen, die die Räumlichkeit, die Materialität sowie die sich konstant ändernden Licht-Schatten-Wirkungen mit den Augen förmlich ertasten können.

Carolin Koch